Kind und Hund – Warum ihr die Rangordnung vergessen solltet

Kinder und Hunde können ein tolles Team werden – wenn die Erwachsenen nicht wären.
Viele meinen in ihrem Hierarchiedenken, dass Hunde auch kleine Kinder als ranghöhere Familienmitglieder akzeptieren müssen.
Ein nicht ungefährlicher Fehlglaube.
Viele Eltern wünschen sich, dass ihre Kinder mit einem Hund aufwachsen. Und es sprechen auch viele Gründe dafür. Hunde schützen vor Allergien, haben positiven Einfluss auf das Sozialverhalten, fördern Verantwortungsbewusstsein, können bester Freund und Tröster sein,… die Liste ließe sind fast endlos fortsetzen.

Der Unterschied zwischen Mensch und Hund

Im Artikel über die Dominanzprobleme von uns Menschen habe ich bereits darüber geschrieben, warum wir Menschen so rangordnungsversessen sind. Das führt leider auch dazu, dass Eltern oft der Meinung sind, dass der Hund sich dem Kind unbedingt unterordnen muss. Das aber widerspricht völlig der Natur des Hundes und kann zu Differenzen und im schlimmsten Fall zu gefährlichen Situationen führen.

In gemischten Primatengruppen ist es meist so, dass der Nachwuchs „ranghoch“ geboren wird. Er kann sich von Anfang an gegenüber rangniedrigen Tieren sehr viel erlauben. Sollte ein rangniedriger Affe es wagen, den Nachwuchs der Ranghohen zurechtzuweisen, ruft das sofort die Eltern auf den Plan. Das kann Ärger geben. Zumindest für den, der sich gegen den Chefnachwuch wehren wollte.
Wir stammen von den Primaten ab, sind eng mit ihnen verwandt und haben in einigen Bereichen mehr Ähnlichkeiten als manch einem lieb ist.

Bei Hunden ist es ganz anders. Hier sind auch Rangniedrige bei der Erziehung beteiligt. Es ist ihre Aufgabe, die Jungspunde auch mal zurechtzustutzen, wenn sie frech werden. Welpen sind niemals in der Rangordnung über den erwachsenen Hunden. Wenn man es genau nimmt, gibt es diese Rangordnung überhaupt nicht.

Es ist deshalb ein völlig normales Verhalten, wenn ein Hund ein Kind in manchen Situationen zurechtweisen möchte, knurrt oder auch abschnappt.

Abschnappen ist nicht das Gleiche wie Beißen und Schnappen. Ein Abschnappen ist eine Warnung, ein in die Luft schnappen, manchmal in Verbindung mit einem kräftigen Stoß mit der Schnauze. Das macht – wenn überhaupt – nur einen blauen Fleck oder einen Kratzer.

Sollte ein Hund richtig schnappen oder beißen, hat das mit der rudeltypischen Erziehung nichts mehr zu tun. Das ist Selbstverteidigung und kommt nur dann vor, wenn der Hund vom Kind geärgert wird. In dem Fall sind die Eltern schuld, denn jedes Kind kann lernen, sich anständig zu benehmen.

Unsere Aufgaben als Eltern

Es ist deshalb in erster Linie wichtig, Kindern von Anfang an beizubringen, dass der Hund nicht geärgert werden darf.

Es ist völlig normal, wenn sie früher oder später versuchen, mal am Schwanz zu ziehen oder den Hund hauen wollen, weil er bei einem Wutanfall gerade neben ihnen steht. Oder sie weil sie den Keks, den sie ihm gerade hingeworfen haben, doch behalten wollten.

Hier ist ein ganz klares Nein fällig. Und das von Anfang an.

Bereits Kinder ab ca. 1,5 Jahren verstehen es ohne Probleme, wenn man ihnen erklärt, dass der Hund Aua hat und ganz traurig ist, wenn sie ihn hauen.

Damit beugt man nahezu allen Problemen vor.

Der Hund merkt, dass sich die Halter um die Erziehung kümmern und er dafür nicht gebraucht wird.
Und es kommt nicht zu Situationen, in denen der Hund sich zur Selbstverteidigung gezwungen sieht.

Sollte der Hund seine Aufgabe als Miterzieher dennoch wahrnehmen wollen, darf man ihm das natürlich verbieten. Voraussetzung ist aber, dass man die Erziehung selbst wirklich im Griff hat.

Hund ist eifersüchtig?

Eifersucht ist meiner Meinung nach ein ganz seltenes Problem. Es wird hauptsächlich dann vorkommen, wenn ein Hund seinen Halter jahrelang für sich hatte und ihn niemals – auch nicht mit einem Partner – teilen musste. Oder auch, wenn er mehr Partnerersatz als Hund sein durfte.

Es ist völlig normal, dass ein Hund zurückstecken muss, wenn ein Kind kommt. Aber damit kommt er zurecht, solange er nicht ausgeschlossen wird und nach wie vor Familienmitglied sein darf.

Das bedeutet, dass man seinen Hund, der immer dabei sein durfte, nicht plötzlich stundenlang allein zu Hause lässt, weil man jeden Tag an irgendwelchen Babykursen teilnimmt.

Das bedeutet auch, dass der Hund Kontakt zum Baby aufnehmen darf und beim Wickeln und Füttern dabei sein darf.

Und spätestens dann, wenn das Kind ein Jahr alt ist, ändert sich das Verhältnis noch einmal.
Wenn die Zeit kommt, in der das Kind ständig Zwieback und Kekse in der Hand hat, immer irgendwo etwas essbares klebt, wird es für die meisten Hunde erst richtig interessant.
Und die Kinder merken es schnell und werfen dem Hund irgendwann alles hin, was sie nicht mehr aufessen mögen. Kaum ein Hund findet dann ein Kind noch blöd.

Hunde mit Verhaltensauffälligkeiten, beispielsweise Futterverteidigung oder Angstaggression dürfen natürlich niemals aus den Augen gelassen werden. Im besten Fall wurden die Probleme bereits vor der Geburt in Angriff genommen.

Denn auch, wenn einem überall eingetrichtert wird, Hunde und Kinder niemals unbeaufsichtigt zu lassen, ist es in der Realität kaum machbar.

Da kocht das Essen auf dem Herd über, es klingelt an der Tür, man braucht schnell einen Lappen. Das ist schon mit einem Kind schwierig, mit einem zweiten nicht mehr möglich. Und irgendwann möchte man auch mal wieder allein auf die Toilette.

Es sollte kein Problem sein, wenn man seine Aufgaben als Eltern gut erledigt hat.

Ich bin Manuela, anfang 40 und blogge rund um Hund und Tierschutz. Beruflich bin ich als Tierpflegerin unterwegs. Meine beiden Hunde Muffin und Zora begleiten mich im Alltag.

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9 Kommentare

  1. Guter Artikel – danke! In unserer Familie leben auch Hund und Kinder unter einem Dach, bis vor einem Jahr waren es sogar noch 2 Hunde! Probleme gab es bisher nie, was die „Rangordnung“ betrifft sind Hund und Kinder gleichberechtigte Familienmitglieder. Die Kinder dürfen den Hund in die Schranken weisen wenn er „nicht hört“ und umgekehrt darf auch der Hund die Kinder in die Schranken weisen wenn es ihm zu bunt wird. Unsere Kinder werden dieses Jahr 3 und 5 und beide sind in der Lage zu erkennen wie weit sie gehen dürfen und wann sie den Hund besser in Ruhe lassen – zu kritischen Situationen kam es bisher noch nie, da sie sich rechtzeitig zu verstehen geben wann schluss ist. Die Kinder sagen zum Hund „ab“ und umgekehrt geht der Hund ins Körbchen wenn er nicht mehr will. Körbchen ist für die Kinder tabu, so wie für den Hund die Kinderzimmer tabu sind!
    Auch Eifersucht gab es bei uns nie, obwohl der Hund bzw die Hunde vor den Kindern da waren. Wenn man die Vierbeiner von Anfang an mit einbezieht und sie weder von Bauch noch vom Kind fernhält entstehen unzertrennliche Freundschaften, wo jeder auf den anderen aufpasst und Rücksicht nimmt.

  2. Schön, mal eine ganz andere Sichtweise zu lesen.
    Bei uns hat es auch immer so funktioniert.

    Schöne Grüße
    Melli

  3. Es gibt tolle Hinweise für Mensch und Hund, sehr lehrreich. Aber ich habe ein großes Problem mit meinem Hund. Er ist 4 Jahre alt, Von jungen Leuten gekauft, Angsthund. Kein soziales Verhalten, kein Kontackt mit anderen Hunden und Kindern. Hundeschule absolviert, es war etwas besser. Vor 3 Jahren ist mein Mann gestorben, nun hatte ich nur noch ihn. Er ist mein bester Freund und sehr auf mich fixiert. Ich weiss in der Zeit habe ich viel durch gehen lassen wir waren halt allein im Haus.
    Nun ist meine Tochter zugezogen mit Familie (Kleinkind). Wenn der Kleine herumläft will er ihm beißen. Ich muss ihn immer anbinden und Beisskorb um tuen. Vielleicht hat jemand einen Tipp für mich, ich weiss mir keinen Rat mehr. Ich bin auch sehr traurig, da mein Hund wie ein Kampfhund sich aufführt.
    Bin für jeden Rat dankbar.

    Viele Grüße Marlies

  4. Herzlichen Dank für den tollen Artikel.
    Wir erziehen unsere „zwei“ 😉 von Anfang an so. Aus dem Bauch heraus & ich finde es undassbar schön, das es Andere gibt, die es auch so sehen.

  5. Hallo zusammen, ein sehr interessanter und informativer Artikel.
    Ich kann da vielem zustimmen. Doch zum Thema Eifersicht habe ich meine ganz eigenen Meinung aus eigener Erfahrung resultierend.
    Ich war selbst betroffen als Kind , der Hund meiner Oma war ein Jahr in der Familie, dann kam ich zur Welt. Wir haben Kinder haben uns immer vernünftig dem Hund gegenüber verhalten. Vom Weitem schon kam ein Knurren, war man in der Nähe wurde geschnappt, nur weil wir zur Oma wollten. Ganz klar Eifersucht.
    Er ist erst zur Vernunft gekommen, als er blind wurde und ich zeitgleich in die Pubertät kam.
    Von Kind zum Erwachsenden änderte sich meinen Körpergeruch. Durch das blind werden des Hundes, sah er mich nicht mehr. Er erkannte mich nicht mehr wieder und so war ich ihm auf einmal der beste Freund.
    Später habe ich dann den Hund meiner Freundin mit aufgezogen und wieder neues Vertrauen zu Hunden gefasst . Für mich steht fest : ich schaffe mir erst ein Hund an, wenn alle Kinder schon in der Familie sind und der Hund als letztes Familienmitglied dazu kommt.
    In Marlis ihrem Fall, kann ich Manuela nur zustimmen.
    Sollte etwas nicht stimmen im in der Familie Hund-Kind Beziehung würde ich immer einen Hundetrainer mit ins Haus holen. Somit jemanden zu Rate zu ziehen der noch ein feineres Gespür für die Hundeseele hat. Den ein Außenstehender sieht oft schneller kleine Verhaltensfehler im Umgang mit Hund und Kind die Erwachsene Eltern/Großeltern unbewusst machen.
    Bitte nicht falsch verstehen: Die Verhaltensfehler sind natürlich nur gutmütiger Natur, können vom Hund jedoch falsch interpretiert werden. Daher kommt es zu Missverständnissen.

    Vielen Dank für diesen tollen Beitrag und dank an Manuela die hier einen guten Vorschlag eingebracht hat 🙂

    Liebe Grüße und viel Freude im Familienleben mit Kind und Vierbeiner

  6. Hi,
    so war auch unsere bisherige Meinung – erst die Kinder, dann der Hund…
    Wir haben einen etwas ruppigen 5jährigen & eine bei Tieren sehr einfühlsame 2jährige… Und nun seit 3 Tagen einen 13 Wochen alten Hundewelpen als neues Familienmitglied.
    Wir haben uns vorher viele Sorgen gemacht, wie das werden soll mit dem Verhältnis von unserem eher unsanften 5jährigem & dem Hund – wohl eher unnötig – die beiden sind entweder desinteressiert oder neutral zueinander.
    Unser scheinbares „Dream-Team“ – das Verhältnis zwischen unserer tierfreundlichen, sehr einfühlsamen 2jährigen & dem Welpen – scheint sich allerdings zu einem Problemfall zu entwickeln. Sie treten immer mehr in ein direktes Konkurrenzverhältnis zueinander.
    Er springt sie an, ringt sie zu Boden, schnappt nach Armen / Beinen / Haaren… Versucht ihr Gummibärchen zu entwinden, während ihr Bruder daneben mit dem Schnitzel winkt… Ihre Kleidung weist fast überall Löcher von seinen Zähnen auf, da er sich darin verbeißt & an ihr zerrt. Sie hält tapfer durch trotz zahlreicher, mittlerweile auch immer blutiger werdenden Kratzer & versucht ihn abzuwehren mit „Stopp“ & „Ab“ – ist ihm aber hoffnungslos körperlich unterlegen – erst Recht, wenn er Anlauf nimmt & sie einfach umhaut. Selbst wir als Erwachsene / Eltern bekommen ihn von ihr „schlecht los“ – er lernt sehr schnell, dass er von Schuhen, Handtüchern & Co ablassen soll, wenn es ihm gesagt wird – aber unsere 2jährige hält er fest, als wäre es der „letzte Lieblingsknochen der Welt“.
    Wenn ich meine Tochter umarme, auf den Schoß nehme oder knuddeln möchte, versucht der Welpe sich erst dazwischen zu drängeln & wenn das nicht reicht sie wegzuziehen bzw. wegzuschnappen.
    Was als Team beim Welpen-Besuchs-Wochenenden begann, am ersten Tagesende zu einer Welpen-Rauferei wurde ist mittlerweile nach dem 3 Tag sehr bedenklich & besorgniserregend.
    Ich bin 40 Jahre alt & das ist mein 3. Hund in meinem Leben.
    Ich bin nervlich angeschlagen & weis leider nicht mehr weiter.
    Mehr als die selbstbewusste Position meiner 2jährigen gegenüber dem Welpen zu stärken & permanente Kontrolle fällt mir derzeit leider nicht ein.

    • Das ganze ist aus der Ferne schwer einzuschätzen, aber der dritte Tag ist auch noch recht früh und der Welpe muss sich erst an die Familie gewöhnen und seinen Rang erkennen. Wichtig ist hier, dass Du den Hund in die Schranken weist und nicht Deine Tochter. Du bist der Boss und das muss der Welpe zuerst erkennen. Ich würde Dir empfehlen einen Hundtrainer ggf. auch nach Hause kommen zu lassen.

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